„Kupferdrahtnetz“ von Bartels

„Kupferdrahtnetz“
von Bartels

Ein Klingeln. Abnahme des Hörers. „Hallo, ich bin´s.“ Ja, schön, dich zu hören. Lange nicht gesprochen. „Schön, dass du anrufst. Wie geht es dir?“ „Gut, und selbst?“ Nachdenken – gerade an dich gedacht. „Gut, ich habe gerade an dich gedacht.“ „Das ist schön.“ Weiter nachdenken. Sie sah doch schon immer so gut aus. Und gut befreundet sind wir schon seit Jahren. „Wie siehst du heute aus?“ „Ich habe schon mein Nachthemd an. Wollte mir einen gemütlichen Abend machen.“ Gemütlicher Abend, verstehe. Wir hatten schon gemeinsame gemütliche Abende. Damals. Danach manchmal im trunkenen Zustand. Der Entschuldigung wegen. „Wollen wir nicht nackt miteinander telefonieren?“ Kurze Pause auf der anderen Seite. „Willst du Telefonsex machen?“ Kurze Lüge auf meiner Seite. „Nein. Nur so miteinander sprechen. Ist doch mal was anderes. Wir sehen uns ja nicht.“ Kleiner Lacher, nett. „Du hast recht. Warum nicht.“ Wir fangen an. Hose zuerst. Als ich sage, jetzt vielleicht das Oberteil, ist da kein Rascheln auf der anderen Seite. „Ist Ob sie an mich denkt? Ich denke an sie. Jetzt ficken wir schon. Ficken. Und atmen immer lauter. Immer weniger will ich ihr glauben, dass nur das Telefon das alles möglich macht. Frage sie aber lieber nicht in diesem Moment. Unsere Leiber sind ineinander. Gute, platonische Freundin. Ich will, dass sie kommt. Sie sagt nichts, atmet aber. Schneller, auch ich, alles schneller. Schnellere Worte, die Elektrizität machts möglich, schnellere Bewegungen, schnellere Stösse. Worte, Gedanken, Berührungen, Brüste, Bauch, Nabel, Mund, Lippen, Beine, Rücken, kann nicht mehr länger. Alles auf den Teppich. Mit mir endet es? Nein, noch nicht. Wir liegen weiter da, schweigen, aber hören die heisse Luft aus unseren Lungen dringen. Ja, ich liebe sie. Einige Minuten vergehen. Sie spricht als erste. „Aber ich glaube nicht, dass das mal in Wirklichkeit passiert.“ Schade. „Schade,“ sage ich.