Burlesque oder die Kunst, sich mit Stolz und Freude auszuziehen…

Sich mit Stolz und Freude ausziehen, das ist die Kunst des Burlesque (auch: Burleske) , der seit etlichen Jahren wieder verstärkt seinen Platz in der Gesellschaft findet. Dabei geht es nicht darum, perfekte Körper für erotische Animationen einzusetzen, sondern sich mit Witz und Charme zu inszenieren.In Stuttgart hat Johanna Hellmich alias Raunchy Rita (siehe Bild unten) es sich zur Aufgabe gemacht, den Burlesque in der schwäbische Hauptstadt zu etablieren: Sie organisiert Parties und führt Workshops zum Erlernen des frech-frivolen Tanzes an. Wir haben mit ihr ein Interview geführt:

Wie bist du auf Burlesque gekommen?
Ich war vor ungefähr drei Jahren auf einer Swingparty in meiner Heimatstadt Augsburg, die in einem wunderschönen Jugendstil-Theater stattfand. Meine Freunde und ich sind da ganz unbedarft hingegangen und waren total begeistert von der schönen Atmosphäre, dem stilechten Styling der Gäste und der ausgelassenen Stimmung. Auf dieser Party ist damals die bekannte Tänzerin Mama Ulita aufgetreten. Ich war so mitgerissen, nicht nur von ihrem Auftritt, sondern insgesamt von der Party, dass ich mir dachte: Das brauchen wir auch in Stuttgart!Raunchy Rita

Was gefällt Dir daran so bzw. was ist das Besondere für dich daran?
Am Burlesque gefällt mir am meisten, dass auf der Bühne selbstbewusste Frauen stehen, die mit sich und ihrem Körper im Reinen sind. Es geht dabei immer auch um den Charakter und künstlerischen Ausdruck der Darstellerin. Deswegen gibt es auch eine so große Bandbreite an unterschiedlichen Stilen und Darbietungen. Die Shows sind nicht nur glamourös und elegant, sondern oft auch witzig und ironisch. Burlesque hat einen extrem hohen Unterhaltungswert, das gefällt mir sehr.Das Schöne am Burlesque ist außerdem, dass es keine „Norm“ gibt, keine Vorschrift, wie man auszusehen hat. Jede Frau, ob dick oder dünn, ob alt oder jung, darf sich auf ihre Art ausdrücken, sich ausleben und das Publikum auf ihre Art und Weise unterhalten.

Wie unterscheidet es sich von Poledance oder anderen erotischen Tänzen?
Der größte Unterschied ist, wie bereits erwähnt, die Vielfalt im Burlesque: an unterschiedlichen Körperformen, an Ausdrucksweisen und Stilmitteln. In einem Etablissement wie beispielsweise dem berühmten Varieté „Crazy Horse“ in Paris werden die Tänzerinnen nach bestimmten Gesichtspunkten ausgewählt, die Größe muss stimmen, das Gewicht, die Haarfarbe, das Gesamterscheinungsbild, und so weiter. Das gibt es im Burlesque nicht, jede Frau darf auf die Bühne, egal, wie sie aussieht!
Ein weiterer Unterschied ist sicherlich auch, dass Burlesque vor allem Frauen anspricht. Viele Frauen im Publikum können sich mit den Tänzerinnen auf der Bühne identifizieren und jubeln am lautesten, wenn die Hüllen fallen. Es kommt hinzu, dass das Entkleiden sehr künstlerisch und raffiniert stattfindet. Die Kostüme der Tänzerinnen sind aufwändig gestaltet, mit Pailletten bestickt, mit Federn verziert, und so weiter. Für’s Auge ist im Burlesque wirklich mehr geboten als nur nackte Haut.

Was meinst Du, woran das liegt, dass Burlesque immer mehr in Mode kommt?
Ich glaube, unsere Gesellschaft ist mittlerweile so übersättigt an Perfektion, retuschierten Körpern in Hochglanz-Magazinen und Sendungen wie „Germany’s Next Topmodel“. Da setzt Burlesque einen gesunden Gegentrend. Klar sind die Shows aufwändig, aber unter dieser Hülle stecken eben normale Frauen mit einer selbstbewussten Ausstrahlung, die ihre Weiblichkeit ausleben und vermitteln: Jede Frau kann sexy sein und das macht Spaß!